Die Judo-Etikette

Der Gruß (Rei)

Jede Sportart hat ihren eigenen Gruß; die Fechter grüßen sich und das Kampfgericht mit der Klinge, Ringer schütteln sich die Hände und die Reiter lüften ihre Kopfbedeckung. Es ist nur natürlich, dass die JUDOKA den eigentümlichen asiatischen Gruß, die Verbeugung, übernommen haben. Man verbeugt sich im Stand oder - formaler - im Kniesitz zueinander und drückt damit aus, dass man das Gegenüber als Partner respektieren, dass man die Regeln achten will und dass von jetzt ab alle Gedanken nur auf JUDO konzentriert werden. Man verbeugt sich vor der Kamiza-Seite (Göttersitz), wenn man einen DOJO betritt, man verbeugt sich zum Partner und fordert ihn damit zum Training auf, man verbeugt sich dach dem Training und dankt sich damit gegenseitig. Im Wettkampf verbeugt man sich zum Mattenrichter und auf das Zeichen hin zueinander. Während bei diesen Gelegenheiten meistens der Gruß im Stand ausgeführt wird, wird bei formelleren Anlässen der Gruß im Kniesitz verlangt: Beim Anfang und Ende einer Unterrichtsstunde sitzen sich Schüler und Lehrer gegenüber und verbeugen sich auf den Ruf “Rei” (Grüßen) des Schülers mit dem höchsten Grad zueinander. Dieser Schüler mit dem höchsten Grad sitzt vom Lehrer aus gesehen links, seine Kameraden sitzen neben ihm in der Rangfolge der Gürtelfarben in einer Linie. Eine oft außer acht gelassene Regel verlangt, dass bei jedem Gruß der Judogi in Ordnung gebracht, der Gürtel richtig gebunden sein muss. Während des wilden Gewoges eines mit vollem Einsatz durchgeführten Trainings sind de Verbeugungen Momente der Sammlung und einzige Gelegenheit, sich wieder “schön” zu machen.

Der Konzentrationssitz (Mokuso)

Nach dem Training, vor dem formellen Abgrüßen, wenn Lehrer und Schüler sich im Kniesitz gegenüber sitzen, ist es üblich, sich eine kurze Zeit - bis zu einer Minute - zu entspannen, die Augen zu schließen und tief und ruhig “aus dem Bauch heraus” (Zwerchfellatmung) zu atmen. Dieser Konzentrationssitz wird von dem höchstgraduierten Schüler oder dem Lehrer mit dem Ruf “Mokuso” (Augen schließen und konzentrieren) angekündigt und durch sein “Rei” beendet.

Für unseren westlichen Sportbetrieb ist das ein seltenes Bild, wir lassen eine Stunde selten “ausklingen”. Auf dem Höhepunkt, abrupt, nach einer die Nerven aufpeitschenden Staffel, werden die Schüler oft in die Umkleideräume geschickt. Besinnung und Kontemplation sind bei einem solchen, oft hektischen Übungsbetrieb natürlich nicht möglich. Wer es jedoch einmal selbst erlebt hat, möchte diese Momente der Entspannung nach einem erschöpfenden Training, dieses “Schwimmen der Gedanken” nicht mehr missen.

Verhalten im Dojo

Vor allen Dingen der Gedanke, dass die Anleitung zur Beachtung von Regeln, die Erziehung zu Höflichkeit und Disziplin einen großen Teil des geistigen Trainings ausmachen, ist verantwortlich für das Aufstellen von Vorschriften. Darüber hinaus fordern Sicherheitsdenken und Nützlichkeitserwägungen einsichtige Regeln. In einem DOJO soll vor allen Dingen geübt werden; Zuschauer sind jedoch gern geduldet, wenn sie sich den gleichen Regeln unterwerfen ... und nicht miteinander reden.

Die Liste der DOJO-Regeln könnte über die nachstehenden hinaus ausgedehnt werden; ist jedoch der Grundtenor der Vorschriften verstanden, so sind spezielle Verordnungen nicht mehr notwendig.

  • Der JUDOKA hat zur angegebenen Trainingszeit pünktlich zu erscheinen und darf das DOJO nicht vor dem offiziellen Trainingsschluss verlassen.

  • Zum Training muss der JUDOKA korrekt gekleidet einen sauberen und ordentlichen JUDOGI tragen.

  • Zur Körperpflege gehören insbesondere kurze Finger- und Fußnägel, nicht störende Haare, gewaschene Füße und eine Dusche oder oder ein Bad nach dem Training.

  • Der JUDOKA soll freiwillig und ohne Aufforderung mithelfen, das DOJO sauber zuhalten.

  • Das Training soll möglichst ruhig vor sich gehen, Konversationen über Nicht-Judo-Themen zeugt von Unverständnis des Geistes, der im DOJO herrschen sollte.

  • Übt ein JUDOKA nicht oder folgt er den technischen Unterweisungen des Lehrers, so hat er sich korrekt am Mattenrand hinzusetzen. Liegen auf der Matte, Abstützen mit den Armen und ausgestreckte Beine sind im höchsten Grade gefährlich und schwere Verstöße gegen die Judo-Etikette.

  • Ein JUDOKA hat jederzeit mit jedem zu üben, der ihn dazu auffordert. Höflichkeit und gegenseitige Hilfe sind selbstverständlich

  • Ein JUDOKA darf während des Trainings nicht trinken, nicht essen, nichts im Mund haben.

  • Den Anweisungen des Lehrers ist Folge zu leisten. Das schließt nicht aus, dass die Anweisungen kritisch untersucht und mit dem Lehrer diskutiert werden.

Das Lehrer-Schüler-Verhältnis

Unterscheiden sich schon das Verhalten im DOJO und die allgemeine Etikette im JUDO von dem üblichen Betrieb in einer westlichen Turnhalle, so wird der Unterschied in der westlichen und der östlichen Sportauffassung in dem Verhältnis des Schülers zu seinem Lehrer besonders deutlich. JUDO ist zwar heute eine moderne, olympische Zweikampfsportart, die Einflüsse der alten Brauchkunst der Samurai, deren Zen-Buddhismus geprägte Unterrichtsmethode und das streng geordnete Verhältnis zum Ranghöheren und Älteren wirken jedoch noch nach. Die Distanz zwischen Lehrer und Schüler ist größer als in anderen Sportarten, aber gerade darum ist das Verhältnis zwischen beiden enger. Viel Worte sind zwischen Lehrer und Schüler, zwischen DAN-Träger und Anfänger nicht nötig. “Kein Verlass auf Worte” und “mit dem Körper begreifen” sind stehende Redewendungen.

Von den Prinzipien der modernen Pädagogik spielt das Prinzip der Anschaulichkeit die größte Rolle. Natürlich wird der Lehrer Erklärungen abgeben, Bewegungen analysieren, aber das Verständnis des Wesens der Techniken und des Sinns der Judo-Ausbildung ist nur durch das Bewegungs- und Lebensvorbild des Lehrers möglich. Dieser Verantwortung für den Schüler ist sich der Lehrer in jedem Moment bewusst, darum kann der Schüler sich ihm auch völlig anvertrauen und sich Anweisungen fügen, deren Sinn erst im Rückblick verstanden werden kann.

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